Weniger Mikroplastik in der Umwelt

Farben-, Lack- und Dämmbranche wollen Mikroplastikemissionen reduzieren.

Der erste Impact-Tisch auf Initiative von Go for Impact zusammen mit Scienceindustries und Kunststoff.Swiss nahm sich des Themas Mikroplastik-Emissionen aus der Gebäudehülle an. Dass das Thema hoch relevant ist, zeigen Schätzungen zu Mikroplastik-Emissionen basierend auf einer Studie des Fraunhofer Instituts: Jährlich gelangen in der Schweiz bei der Erstellung von Fassaden rund 230 Tonnen Mikroplastik, im Lauf der Nutzung durch Fassadenabrieb rund 315 Tonnen und beim Abbruch von Gebäuden schätzungsweise 1000 Tonnen in die Umwelt.

Anlässlich eines runden Tischs trafen sich 21 Vertreter von Verbänden, Firmen, Ämtern und Non-Profit-Organisationen und diskutierten mögliche Lösungsansätze. Über 100 Ideen kamen zusammen. Dabei zeichneten sich zwei Hauptstossrichtungen ab, die anschliessend in zwei Arbeitsgruppen konkretisiert wurden: Der Eintrag von Mikroplastik durch Farben und Lacken sowie durch Dämmstoffe auf der Baustelle.

Mikroplastik in Farben und Lacken
Für den Verband Schweizerische Lack- und Farbenindustrie (VSLF) ist das Thema Mikroplastik hoch aktuell, wie Jasmin Terreni, verantwortlich für Berufsbildung und Technik, bestätigt: «Wir werden weiterhin daran arbeiten, die Mikroplastikemissionen zu reduzieren und Transparenz rund um Mikroplastikemissionen zu schaffen.» Die Farben- und Lackhersteller wollen die Thematik in ihrer Kommission Technik und Ökologie regelmässig behandeln und neue Erkenntnisse aufnehmen. Weitergehende Grundlagen liefern soll etwa eine Studie zu sekundärem Mikroplastik des europäischen Branchenverbands CEPE, die kürzlich lanciert worden ist. «In der zweiten Hälfte des Jahres 2022 wird sich unser Verband öffentlich dazu bekennen, dass die Reduktion von Mikroplastik für unsere Branche von grosser Wichtigkeit ist», so Terreni. «Wir hoffen dadurch auch, dass wir andere Industrien auf die Problematik aufmerksam machen und motivieren können, die Mikroplastikemissionen zu reduzieren.»

Verbindliche Empfehlungen für Malergewerbe
Der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband (SMGV) plant zusammen mit dem Verband der Schweizer Abwasserfachleute (VSA) ein Projekt bezüglich Fassadenreinigung, in dem auch das Thema Mikroplastik thematisiert werden soll. «Wir wollen gesamtschweizerische Empfehlungen erarbeiten, die in die Branchenlösung ‹Umweltschutz im Malergewerbe› einfliessen», ergänzt Peter Seehafer, Bereichsleiter Technische Dienste Maler beim SMGV. Die Massnahmen zielen insbesondere auf das Auswaschen von Pinseln und Rollen und die korrekte Entsorgung des Wassers ab. Im Herbst 2022 wird das Vorgehen mit den Regionalverbänden eingefädelt, um eine gesamtschweizerisch verbindliche Richtlinie zu erarbeiten.

Empfehlungen in SIA-Norm für verputzte Aussenwärmedämmungen
Eine zweite Arbeitsgruppe befasste sich mit dem Thema, wie Mikroplastik bei der Verarbeitung von Fassadenelementen auf der Baustelle vermindert werden könnte. Die Diskussionen zeigten die grössten Herausforderungen bei den Kunststoff-Dämmstoffen. Diese werden in der Regel an die Fassade geklebt und können beim Rückbau nur unter hohen Emissionen entfernt werden. Eine mechanische Montage ist möglich und würde die Emissionen beim Rückbau verhindern. Gleichzeitig würde dies die Kreislauffähigkeit der Dämmstoffe steigern. Zu hohe Emissionen während des Bauprozesses führt dazu, dass die Dämmstoffe in der Regel nicht nach Mass vorgefertigt sind, sondern auf der Baustelle zugeschnitten werden. Bei der Dämmung von Dächern wird eine Massvorfertigung bereits praktiziert. Ein Ansatz wäre hier, dank digitaler Planung mit BIM die Dämmelemente in geschlossenen Werkstätten vorzuschneiden.

«Mikroplastikemissionen können nur im Verbund mit allen Akteuren in der Gebäudehülle und entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Produktdesign bis zum Abbruch oder dem Rückbau reduziert werden», so Marco Dalla Bona vom EPS-Verband Schweiz. Der Verband wird das Thema Mikroplastikemissionen in die laufende Revision der SIA-Normen 118/243 einbringen, die 2024 in Kraft treten sollen. «Wir schlagen konkrete Verarbeitungshinweise vor, um Mikroplastikemissionen bei der Verarbeitung und dem Rückbau von Dämmungen aus Rein- und Verbundwerkstoffen wie EPS, Steinwolle, Glaswolle, XPS, Holzweichfaserdämmung und PU zu vermeiden», ergänzt Dalla Bona. Zudem wird der Verband die Kommunikation zum Thema verstärken: Auf der Website des EPS-Verbands Schweiz wird in einem eigenen Menüpunkt auf das Thema eingegangen und es werden Vermeidungsmassnahmen aufgezeigt. Ebenso wird ein Merkblatt erarbeitet.

Kurzbericht zum Impact-Tisch Mikroplastik aus der Gebäudefassade vermindern (PDF, DE)

Warum ist Mikroplastik ein Problem?

Mikroplastik findet sich mittlerweile überall in der Umwelt, in Böden, Gewässern und deren Sedimenten sowie in der Luft. Noch stellt die Belastung durch Mikroplastik in der Schweiz kaum ein Problem dar. Doch weil sich die Partikel über Jahrhunderte kaum abbauen, kumulieren sie sich mit der Zeit. Lebewesen nehmen Mikroplastik auf, was sich in hohen Konzentrationen negativ auf die Organismen auswirken kann. Deshalb gilt es, Einträge von Mikroplastik in die Umwelt zu reduzieren oder ganz zu verhindern.

Auf der Website des Bundesamts für Umwelt ist das aktuelle Wissen rund um Kunststoffe in der Umwelt in Faktenblättern zusammengefasst.

Bild: iStock / Zigmunds Dizgalvis

 

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